Auf in die Schlacht

Er gehört zur Weihnachtszeit in Marburg, wie Glühweinstand und Dampfiesenrad vor dem Rathaus. Bis auf den letzten Platz der Empore im Kulturzentrum KFZ drängten sich die Fans, um den deutschen Kultbarden Stefan Stoppok zu sehen.

Der Abend startete mit dem Giessener Duo Tess & Daisy. Die texanische Singer-Songwriterin Tess Wiley war in den letzten Jahren schon häufig mit Stoppok unterwegs. Am Mittwoch sorgte sie mit der klassischen Harfenistin Cordula Poos für ein berührendes musikalisches Vorprogramm. Mucks­mäus­chen­still lauschte das Publikum den zarten Klängen von Harfe und Westerngitarre, die zusammen mit Wileys Stimme für eine berührende Stimmung sorgten. 

Gewohnt lässig und in auffälligem Outfit mit oranger Sonnenbrille lässt Stoppok sich zwischen jeder Menge Gitarren und Verstärkern auf seiner Percussionbox nieder, überlegt kurz, greift sich eine abgewetzte Westernklampfe und legt los. Und die Fans auch! Die sind manchmal textsicherer, als der Sänger selbst, der bei älteren Stücken auch mal am korrekten Text überlegt.

Stoppok zieht seit Jahren in der Vorweihnachtszeit mit seinem Gegenprogramm „Herzblut statt Lebkuchenherzen“ los, wenn der inhaltsleere Konsumrausch seinen traurigen Höhepunkt erreicht. Dann pult er mit dem musikalischen Finger noch ein bisschen tiefer in den gesellschaftlichen Wunden herum. Einer der bekanntesten deutschen Liedermacher, meist solo unterwegs, als Sänger, Gitarrist und Drummer in Personalunion. Stoppok ist ein äußerst scharfer Beobachter unserer Zeit und immer nah am Publikum. Auf der Bühne ein begnadeter Entertainer, der mit viel Witz und Charme seine Ansagen zu kleinen, oft absurden Geschichten ausweitet, allerdings immer mit der richtigen Balance aus Nonsens und Botschaft. 

Mit seiner Mischung aus Folk, Rock, Blues und Country begeistert Stoppok nach wie vor seine Fans. Er schafft es auch nach fast vier Jahrzehnten auf der Bühne als gewiefter Geschichtenerzähler und weit weg von Oberflächlichkeit, Kitsch oder Mainstream, der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. In über zwei Stunden Konzert kann Stoppok auf ein riesiges Repertoire zurückgreifen und begeistert die Zuschauer mit Klassikern, wie Spezialisten Blues, Leise oder La Compostela. Unter großem Beifall spielt er mit verjubelt und lass sie rein auch zwei Stücke seines mittlerweile 18. Studioalbums Jubel, das Anfang Februar erscheint.

„Wie es kommt und auf welche Weise, weiß man nicht“, singt Stoppok. In Zeiten von Mini-Trumps und Rechtspopulismus kann man allerdings sehr sicher sein, dass er auch im nächsten Jahr lautstark dagegen halten wird.