Zerbrechliche Töne münden in Popfeuerwerk
Ein weiterer nordischer Meilenstein wurde am Freitagabend den Besuchern im fast ausverkauften KFZ geboten. Zugegeben, die Künstler aus Skandinavien, die in der erfolgreichen Reihe 55° Nord aufgetreten sind, haben selten nicht überzeugt. Für eine schier unerschöpfliche Quelle innovativer Musik ist der hohe Norden ja schon seit Jahren bekannt.
Im weitesten Sinne könnte man den Stil von Anette Askvik noch als Pop-Folk bezeichnen. Keyboard und Synthesizer treffen bei ihren sorgsam arrangierten Songs auf Jazzgitarre und Cello. Über allem schwebt die engelsgleiche Stimme von Askvik. Ohne große Ansagen tritt die Band auf die düstere Bühne und entführt die Zuschauer in entfernte Klangwelten. Mit Unterstützung der NASA wandelte sie aus dem Weltall aufgenommene elektromagnetische Wellen in sphärische Sounds für ihre Musik um, schafft es aber auch bei den meisten anderen Lidern mit den vielfältigen musikalischen Fertigkeiten ihrer Band ihre Fans zu begeistern. Ihr angekündigtes Album ist bis zum Tourneestart leider nicht fertig geworden, verkündet Askvik schüchtern nach den ersten Songs in einer der spärlichen Ansagen.
Ohne Umschweife nimmt sie die Hörer mit in ihre Welt. Askviks hohe und filigrane Stimme harmoniert perfekt mit den der dezent gespielten Jazzgitarre von Jørn Erik Ahlsen, der meist mit Drummer Stephan Salewski unterstützend im Hintergrund agiert. Gebannt verfolgt man den Spannungsbogen ihrer Stücke. Die Lieder bauen oft über mehrere Minuten langsam Intensität auf. Trauen sich die meisten Zuschauer bei den ersten Takten kaum zu atmen, um die zerbrechlichen Töne nicht zu stören, gipfelt so mancher Song in einem fulminanten Popfeuerwerk.
Askvik haucht leise ins Mikro, begleitet von ruhigen Tönen der Cellistin Elisa Herbig. Langsam erhöht Salewski den Takt. Die unterschwelligen Klavierlinien von Keyboarderin Julie Falkevik Tungevaag mausern sich zu ausgewachsenen Pop-Beats, zu den die eher schüchtern auftretende Askvik auch mal selbst die Paukenschlegel schwingt oder mit ausgebreiteten Armen im schnellen Takt wiegt.
Anette Askvik und Band bieten den begeisterten Zuschauern im KFZ ein beeindruckendes Musikerlebnis. Der lang anhaltende Applaus holt die Musiker nochmals auf die Bühne. Zum Finale spielen Askvik, Herbig und Tungevaag noch ihre Interpretation von the bird song. Hoffentlich zwitschern bald die Spatzen den Erscheinungstermin des neuen Albums vom Dach.